Wer weiß die richtige Schreibweise: „weiss“ oder „weis“?

  • Ich weis, er/sie/es weiss
  • Die Farbe Weis, die Farbe Weiss
  • jmdm. etwas weißmachen, weissmachen

  • Ich weiß, er/sie/es weiß
  • Die Farbe Weiß
  • jmdm. etwas weismachen


Wann benutzen wir „Weiss“?

Im Deutschen gibt es einige Fälle, in denen es normal ist, bei der Rechtschreibung zwischen mehreren Buchstaben zu schwanken. Neben „ä“ und „e“ sowie „chs“, „x“ und „ks“ zählen „s“, „ss“ und „ß“ am Wortende dazu.

Das Beispiel Ich weiß sowie die weiße Farbe verleiten augenscheinlich viele Leute dazu, diese Wörter mit „ss“ oder gar mit „s“ schreiben zu wollen. Aber wieso ist das so und in welchen Formen stimmen die jeweiligen Buchstaben?

Die erste Frage lässt sich recht simpel dahin gehend beantworten, dass die drei Möglichkeiten am Silbenende identisch ausgesprochen werden, nämlich als /s/. Zwar kann ein „s“ auch stimmhaft als /z/ ausgesprochen werden, doch Wortpaare wie Rose – Rost zeigen, dass das nicht immer stimmt. Bei Ross finden wir dann dieselbe Aussprache, ausgedrückt mit einem Doppel-s.

Um zwischen Eszett und „ss“ zu unterscheiden, müssen wir uns den Vokal (Selbstlaut) davor ansehen. Bei langen Lauten sowie Doppelvokalen verwenden wir ein scharfes S, während ein kurzer Vokal ein „ss“ hinter sich zieht. Somit können wir ausschließen, dass es das Wort Weis gibt.

Es gibt jedoch drei Ausnahmen hierfür:

  1. Weiss kommt klassischerweise als Nachname vor.
  2. In der Schweiz und in Liechtenstein gibt es den Buchstaben „ß“ nicht. Daher wird bei einem stimmlosen Zischlaut immer zum Doppel-s gegriffen.
  3. Bei einem Kreuzworträtsel oder anderen Texten, in denen das Eszett nicht vorkommt, wird weiß als „weiss“ geschrieben.

Wann verwenden wir „Weiß“?

Kommen wir aber nun zu den korrekten Schreibweisen. Weiß wird mit einem Eszett geschrieben, da „ei“ einen Diphthong (Doppelvokal) darstellt. Das Wort hat zwei Bedeutungen:

  • Als neutrale Farbe, komplementär zu Schwarz
  • Als konjugierte (gebeugte) Verbform des Tätigkeitswortes wissen

Wird über den Farbton gesprochen, finden wir das Wort als Nomen (Hauptwort) großgeschrieben oder als Adjektiv (Eigenschaftswort) kleingeschrieben. Es stammt vom altdeutschen Begriff „(h)wīʒ“ ab, welches im 8. Jahrhundert „glänzend“ hieß.

Wir benötigen noch zwei Eimer Weiß für die Renovierung des Hauses.
Viele Bräute tragen zu ihrer Hochzeit mittlerweile kein weißes Kleid mehr.
Er hatte weiß gefärbte Haare schon weit vor seinem 50. Geburtstag!
Als ich das Weiße Haus in natura gesehen habe, trug ich ein weißes T-Shirt.

Alle verwandten Wörter, die etwas mit der Farbe zu tun haben, werden ebenso geschrieben.

Vor dem Auszug müssen Sie noch alle Wände weißeln (weißen).
Geben Sie zunächst das Eigelb und dann das geschlagene Eiweiß hinzu.

Weiß kann allerdings ebenso als Verbform von wissen benutzt werden. Sowohl die erste Person (ich) als auch die dritte Person (er/sie/es) Singular (Einzahl) beugen sich derartig. Die zweite Person (du) zeigt ebenfalls ein „ß“ vor der Endung „-t“.

Ja, ich weiß Bescheid!
Du weißt aber auch alles.
Sie weiß nicht, was kommen wird.

Alle anderen Verbformen werden aufgrund der kurzen Vokale (/ɪ/, /ʊ/ oder /y/, dargestellt durch „i“, „u“ und „ü“) mit einem doppelten „s“ geschrieben.

Präsens (Gegenwart) Präteritum (Einfache Vergangenheit) Konjunktiv I (Möglichkeitsform) Konjunktiv II (Möglichkeitsform)
Ich weiß Ich wusste Ich wisse Ich wüsste
Du weißt Du wusstest Du wissest Du wüsstest
Er/sie/es weiß Er/sie/es wusste Er/sie/es wisse Er/sie/es wüsste
Wir wissen Wir wussten Wir wissen Wir wüssten
Ihr wisst Ihr wusstet Ihr wisset Ihr wüsstet
Sie wissen Sie wussten Sie wissen Sie wüssten

Infinite (nicht konjugierbare) Formen:

  • wissen
  • gewusst
  • wissend
  • Wisse! Wisset!

Wann ist „Weis“ korrekt?

Doch leider schreiben sich nicht alle verwandten Begriffe von wissen mit einem „ss“ oder einem „ß“. Schon im Althochdeutschen finden wir die Schreibung der Grundform mit einem Doppelkonsonanten: „wiʒʒan“ hieß im 8. Jahrhundert so viel wie „gelernt haben“ oder „im Gedächtnis haben“. Daraus entstanden dann Wörter wie Wissenschaft, wissentlich oder Gewissen.

Gleichwohl konnte sich weise als Adjektiv durchsetzen. Dieses beschreibt in der Regel „eine Person, die sehr viel weiß“. Durch den stimmhaften s-Laut wird das Wort mit einfachem „s“ geschrieben. Andere Begriffe beruhen auf dieser Schreibweise.

Naseweiss Naseweiß Naseweis
weisssagen weißsagen weissagen
wohlweisslich wohlweißlich wohlweislich

Es gibt zwei Fälle mit zwei korrekten Schreibweisen. Hier entscheiden wir uns, je nachdem, ob sich das Wort auf die Farbe oder das Wissen bezieht.

Weissheit Weißheit (Weißsein) Weisheit (Lehre)
weissmachen weißmachen (weißen) weismachen (glauben lassen)
Die Weissagerin in meinem Dorf hat wirklich hellseherische Fähigkeiten.
Hast du immer noch alle Weisheitszähne?
Der Schwindler machte ihr weis, dass er sie liebte.

Wird eines der beiden trennbaren Verben weissagen und weismachen also konjugiert, kann weis allein stehen. Ein anderer seltener Fall ist der Imperativ (die Befehlsform) von weisen. Dieses Verb wird übrigens ebenso mit einem weichen „s“ gesprochen und deshalb mit nur einem „s“ geschrieben.

Weis den Gästen bitte den Weg, wenn sie gleich kommen!

Des Weiteren finden wir bei den Begriffen Waise, Weise und zusammengesetzten Verben wie aufweisen, verweisen oder hinweisen dieselbe Schreibung aufgrund der eindeutigen Lautung.

So schwer ist es doch gar nicht, oder?

Falls Sie all dies bereits wussten, Glückwunsch! Falls nicht, kein Problem, denn wir geben noch eine einprägsame Merkhilfe mit auf dem Weg, um weis, weiss und weiß auseinanderhalten zu können. Noch einfacher wird es jedoch, wenn Sie LanguageTool als intelligenten Schreibassistenten verwenden. Dieser ist weislich zu empfehlen, macht er doch hilfreiche und kostenlose Vorschläge zu Rechtschreibung, Grammatik und Sprachstil gleich für mehr als 30 Sprachen – solch ein Besserwisser!

Eselsbrücke

  • Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.
    Auch die Farbe zeigt, wie jeder weiß,
    ein Eszett und nie „ss“ an ihrem Steiß.